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Vom Blog zum Unternehmen – Emmi kocht einfach Mit leckeren Rezepten und überzeugendem Marketing zum Erfolg
Christiane Emma Prolic, auch Emmi genannt, hat als Foodbloggerin im April 2017 ihren Blog „Emmi kocht einfach“ gestartet. Heute führt sie gemeinsam mit ihrem Mann Oliver Prolic das sehr erfolgreiche Unternehmen „Emmi kocht einfach“, in dessen Mittelpunkt nach wie vor einfache und schmackhafte und vor allem alltagstaugliche Rezepte stehen. Sie wohnen mit ihrem Sohn in Klettenberg. Im Herbst 2022 haben sie das Unternehmen aus ihrer Wohnung in neue Räume am Sülzgürtel verlegt. Hier gibt es eine große Showküche, professionelles Fotoequipment, einen Lagerraum für die Fotorequisiten, ein Büro und einen Besprechungsraum. Im Interview erzählen Emmi und Oliver Prolic, wie aus dem ehemaligen Foodblog (INsülz hat 2019 berichtet) eine der größeren privat geführten Rezeptplattformen in Deutschland geworden ist. Ein Unternehmen, das nicht nur wöchentlich neue Rezepte hervorbringt und Kochbücher verö entlicht, sondern auch höchst erfolgreich die Social-Media-Kanäle Instagram, Facebook und Pinterest bespielt. Mehrere hunderttausend Mal täglich werden Rezepte von „Emmi kocht einfach“ weltweit heruntergeladen. Für die Zukunft gibt es weitere Pläne.
Warum bedeutet Ihnen Kochen so viel?
Emmi P.: Zum einen, weil es eine kreative Tätigkeit ist. Zum anderen aber natürlich, weil man sich und seinen Lieben mit frisch gekochten Mahlzeiten etwas Gutes tun kann. Wenn ich selbst koche, bestimme ich, welche Zutaten ich verwende und woher sie kommen. Natürlich weiß ich, dass es manchmal nicht einfach ist, gute Lebensmittel zu bekommen, weil das Geld knapp ist, doch saisonales und regionales Einkaufen erlaubt häufig auch günstiges Kochen. Ich erhalte viele Rückmeldungen von Menschen, die ich animiert habe, es mit dem Selberkochen zu versuchen. Das freut mich sehr, und deshalb ist es mir auch so wichtig, immer verständlich zu bleiben.
Oliver P.: Wir erhalten Zuschriften von Gruppen, mit denen wir gar nicht gerechnet haben, von Studenten-WGs, die mit Emmi-Rezepten Kochabende gestalten, von Kindergärten, von älteren Menschen, die schon lange kochen und sich bedanken, dass sie noch mal wieder etwas dazugelernt haben.
Emmi P.: Das Echo freut mich natürlich sehr. Ich wollte ja für gestresste Menschen im Alltag Rezepte vorstellen, die in absehbarer Zeit und mit einer überschaubaren Zahl von Zutaten umzusetzen sind. Ich gebe mir deshalb ja auch so viel Mühe, alles Schritt für Schritt und mit Fotos zu erklären. Aber dass so viele Menschen sich angesprochen fühlen, das hat uns schon überrascht.
Woher kommen Ihre Ideen für neue Gerichte?
Emmi P.: Ich lasse mich von vielem anregen: beim Essengehen, von den Gerichten meiner Freund*innen, anderen Köch*innen, Kochsendungen. Zum Beispiel gern von Björn Freitag, der ist so bodenständig geblieben, obwohl er ein Sternekoch ist. Ich war schon einmal bei ihm in der Sendung eingeladen, und jetzt hat er mich zum zweiten Mal zum Thema „Aufläufe“ angefragt. Ich bin schon ganz gespannt auf die Aufzeichnung. Gezeigt wird die Sendung voraussichtlich im Januar 2024. Dann natürlich noch das alte Kochbüchlein meiner Oma, das inspiriert mich bis heute. Alle diese Anregungen für einfache und gute Mahlzeiten probiere ich aus, wandele sie ab, bis ich zufrieden bin. So erhalten meine Gerichte auch immer noch eine besondere „Emmi-Note“.
Warum machen Sie sich die Mühe, auch noch Saisonkalender mit Informationen zu Lebensmitteln, eine Liste zur Vorratshaltung, Hinweise zum Einkaufen, die Rubrik Tipps und Tricks zu veröffentlichen?
Emmi P.: Ich möchte auch in diesen Dingen unterstützen und den Alltagshilfegedanken fortführen. Uns ist es zum Beispiel wichtiger, dass saisonal und regional eingekauft wird als Bio. Denn Bio ist häufig eine Frage des Geldes, saisonal und regional kann jede*r einkaufen. Dabei geht es uns darum, den Nachhaltigkeitsgedanken nach vorn zu bringen und in den Alltag zu integrieren, auch beim Kochen.
Oliver P.: Es gibt auch ständig Nachfragen. Etwa: Kann man Geschnetzeltes mit Pilzen einfrieren? Oder: Welches Kochgeschirr benutzt du, Emmi? Also wir werden nach praktischen Informationen gefragt, und dann können wir auf die verschiedenen Rubriken auf der Website hinweisen als Mehrwert für die Leser*innen.
Ihre Internetseite ist sehr liebevoll gemacht mit ansprechender grafischer Gestaltung und schönen Fotos. Das gilt auch für die Auftritte in den sozialen Medien. Welche Überzeugung steckt dahinter?
Emmi P.: Für mich gehört eine schöne Optik einfach dazu, denn es ist mir eine Herzensangelegenheit, dass die Menschen sich bei uns wohlfühlen. Es soll schön sein bei uns, wie in einem Ladenlokal, in das man gern hineingeht. Ich sehe mich auch inhaltlich in der Verantwortung, dass, wenn jemand meine Rezepte ausprobiert, diese auch gelingen.
Oliver P.: Wir sind ja beide im Produktmanagement und der Markenentwicklung tätig gewesen – wir sind beide Marketing-Menschen und wissen, wie wichtig ein Corporate Design ist. Das haben wir 2017, als wir anfingen, definiert. Wir wollen den Wiedererkennungseffekt, deshalb ziehen sich Farben, Schrift und Fotos von hoher Qualität bei uns durch alles durch, auch durch die Bücher und alle anderen Produkte.
Herr Prolic, wie kam es dazu, dass Sie jetzt Vollzeit mit Ihrer Frau „Emmi kocht einfach“ zusammen betreiben?
Oliver P.: Am Anfang habe ich das alles mehr hobbymäßig neben meinem Vollzeitjob gemacht. Ich habe abends die Website aufgebaut und mich um die Technik gekümmert. Doch mit der Zeit hat mir das Unternehmen immer mehr Spaß gemacht und auch Erfüllung gegeben. Der Blog wurde auch zu groß, als dass ich das immer weiternebenher hätte machen können. Natürlich waren die wachsenden finanziellen Möglichkeiten durch den Erfolg auch ein Faktor. Eine Entwicklung bei meinem damaligen Arbeitgeber hat zudem dazu beigetragen, dass ich mich entschieden habe, 2020 das Unternehmen zu verlassen.
2019 haben wir das Interview noch in Ihrer Küche zu Hause geführt. Heute stehen wir in Ihren neuen Räumen, die professionell ausgestattet sind. Wie kam es dazu?
Emmi P.: Ich glaube, wir haben einen Nerv mit unserem Angebot getroffen. Mit dem Erfolg kam dann das Gefühl, dass wir uns professionalisieren müssen, um der Nachfrage gerecht werden zu können. Jetzt ist neben einer großen modernen Küche von Brune Küchen auch der Platz dafür da, dass eine Assistentin mir zur Seite stehen kann. So schaffe ich mehrere Rezepte in der Woche. Ich konnte mich auch fotografisch neu aufstellen. Zu Hause habe ich nur bei Tageslicht fotografieren können, nun kann ich mit professioneller Ausstattung jederzeit Fotos machen, die unseren Ansprüchen genügen. Ich konnte mich noch einmal weiterentwickeln, ich bin ja als Fotografin Autodidaktin.
Oliver P.: Zunächst haben wir die Notwendigkeit zur Professionalisierung gar nicht so gesehen. Wir hatten das Gästezimmer in unserer Wohnung in ein Büro umgewandelt. In dem winzigen Raum haben wir dann beide am PC gearbeitet. Das ging einfach auf Dauer nicht. Ich brauche tatsächlich auch Ruhe, wenn ich strategisch arbeite, weil die Anforderungen an Konzeption und Technologie sehr hoch sind. Es braucht hohe Aufmerksamkeit, die Website und die Social-Media-Kanäle zu bespielen und dafür zu sorgen, dass alles rund um die Uhr läuft. Das Ganze hier ist sehr viel Arbeit, wenn man erfolgreich bleiben will. Mittlerweile haben wir auch ein ganzes Team am Start, dass uns unterstützt. Nicht nur Emmis Assistentin, sondern auch externe Spezialisten für Technik und Grafik.
Für einen solchen Schritt braucht man viel Mut und Unternehmergeist …
Oliver P.: Ja, das stimmt, wir mussten uns trauen, das Ganze größer zu denken. Es war auch nicht einfach, eine passende Gewerbeimmobilie zu finden. Zum einen wollten wir nicht weit fahren, und zum anderen musste es erlaubt sein, eine große Küche einzubauen, was wesentlich seltener ist, als man so denkt. Und für die ganze IT-Technik ist natürlich auch ein schneller Internetanschluss zwingend.
Emmi P.: Wir hatten auch viele schlaflose Nächte, bis es so weit war. Dann haben wir Kontakt zu Günter Hinz aufgebaut – er ist jetzt unser Vermieter. Hier sind ja die ehemaligen Räume seiner Fachfirma für Sanitär und Heizung. Er hat uns sehr unterstützt. Eigentlich fand ich das zuerst alles zu groß, aber jetzt bin ich sehr froh, dass wir den Sprung gewagt haben.
Wie finanziert sich Ihr Unternehmen?
Oliver P.: Wir haben lange nicht viel verdient. Man braucht schon einen langen Atem und auch etwas Glück …
Emmi P.: Dann habe ich die ersten Kooperationen vereinbart…
Oliver P.: … und dann sind wir von einer Vermarktungsagentur angesprochen worden, ob wir nicht Werbung auf unserer Website machen wollen, und wir haben mittlerweile ausgesuchte Produkte, für die wir Werbung akzeptieren …
Emmi P.: Dann kamen die beiden Kochbücher, die beide Spiegel-Bestseller geworden sind und sich jetzt immer noch sehr gut verkaufen …
Oliver P.: … zu unserer Überraschung. Da musste uns der Verlag erst überzeugen, weil wir dachten, wer liest denn heutzutage noch ein Kochbuch, wenn er die Rezepte im Internet kostenlos erhalten kann. Doch Emmi ist mittlerweile eine Identifikationsfigur geworden, ihre Fans wollen etwas von ihr zu Hause haben.
Emmi P.: Viele wollen auch nicht immer ein Rezept ausdrucken oder beim Kochen mit dem Handy oder Tablet in der Küche stehen, sondern in ein schön gestaltetes Buch schauen.
Was sind Ihre Projekte für die nächste Zeit? Wie soll sich das Unternehmen weiterentwickeln?
Oliver P.: Wir planen eigene Emmi-Produkte, hinter denen wir zu hundert Prozent stehen. Dafür arbeiten wir mit Manufakturen aus Deutschland und Europa zusammen und entwickeln Kochutensilien im speziellen Emmi-Design. Der Shop dafür soll spätestens im nächsten Jahr live gehen.
Emmi P.: In die Entwicklung dieser Produkte fließt meine langjährige Erfahrung beim Kochen im Umgang mit bestimmten Gerätschaften ein und welche Anforderungen sie aus meiner Sicht erfüllen müssen, um ein gutes Gelingen zu ermöglichen. Der Community sind zum Beispiel Pfannen und Messer sehr wichtig, sie fragen mich oft, was ich empfehle, das ist also ein Thema.
Es ist sicher nicht immer einfach, als Ehepaar auch beruflich eng verbunden zu sein. Wie geht es Ihnen damit, was hat sich seitdem verändert?
Emmi P.: Zugegeben, es ist nicht immer leicht, wenn der eigene Mann nun auch Arbeitskollege ist, trotz unterschiedlicher Aufgabenbereiche. In der Zusammenarbeit rappelt es ehrlicherweise auch mal im Karton, und es ist gut, dass das jetzt im Büro stattfinden kann und nicht mehr in unserem Zuhause. Glücklicherweise finden wir aber immer einen Konsens, das ist das Wichtigste für mich.
Sie gehen für Ihre Gerichte sehr gern auf dem Markt einkaufen gehen. Wohin gehen Sie, und was schätzen Sie besonders am Einkaufen auf dem Markt?
Oliver P.: Wir haben auf dem Markt gelernt, saisonal einzukaufen, weil es Lebensmittel natürlicherweise nur zu bestimmten Jahreszeiten gibt.
Emmi P.: Ich gehe sehr gern auf die Märkte auf dem Klettenberggürtel oder auf dem Auerbachplatz. Es gibt hier sehr gutes frisches Gemüse und Obst, die besten Kartoffeln, Blumen und viele andere tolle Produkte. Hinzu kommen die schöne Atmosphäre und immer wieder freundliche und angenehme Gespräche.
Wo kaufen Sie sonst ein?
Emmi P.: Gern bei Edeka Romano und bei Rewe Richrath. Beide haben ein großes Sortiment, und ich kenne mich aus wie in meiner Westentasche, das hilft sehr.
Oliver P.: Für Fleisch gehen wir gern in die Metzgerei Odenkirchen und auch in die Metzgerei Werner.
Was gefällt Ihnen besonders am Stadtteil – was schätzen Sie hier?
Emmi P.: Mir gefällt der Spirit. Ich fühle mich wohl, weil es im Viertel so nahbar zugeht und ich sehr viele kenne nach all den Jahren. Es ist nicht anonym – manchmal hat es sogar etwas Dörfliches, ist aber trotzdem urban.
Oliver P.: Es ist so schön grün hier. Es gibt viele Bäume und die Parks … Außerdem haben wir das Gefühl, hier entwickelt sich was. Zum Beispiel gibt es auf der Luxemburger Straße gibt es einige neue Geschäfte, ich hoffe, da tut sich noch mehr in den nächsten Jahren.
Vielen Dank für das Gespräch und das Rezept an Sie beide.
11.2023 // Interview: Dorothee Mennicken, Fotos: Monika Nonnenmacher