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Wir bringen Leute zum Lesen
Antiquar Klaus Willbrand und Social-Media-Expertin und Lektorin Daria Razumovych bringen hochwertige Lektüre über Social Media unter die Menschen
Welche drei Bücher würdest du mit auf eine einsame Insel nehmen?
Ist große Literatur gleich Leid?
Gibt es unverkäufliche Bücher für dich?
Welche Werke der klassischen Literatur kann man getrost ignorieren?
Das sind Fragen, die Klaus Willbrand auf TikTok beantwortet. Seit mehr als zwei Jahrzehnten führt er sein Antiquariat im Weyertal 17, seit vier Monaten einen TikTok-Kanal, der mehrere Tausend Follower, also Nutzer, hat. Wir haben mit dem 82-Jährigen und Daria Razumovych gesprochen, die ihn auf diese zündende Idee gebracht hat und gut 50 Jahre jünger als er ist.
Wo haben Sie sich kennengelernt?
Daria Razumovych: Begegnet sind wir uns auf dem Antikmarkt auf dem Neumarkt. Dort hat Klaus Willbrand ausgestellt und ich habe in seinen Büchern gestöbert, sogar einige gekauft.
Wie kam es zu der Idee zu einem Social-Media-Auftritt?
Klaus Willbrand: Daria hat mir schon vor zwei Jahren vorgeschlagen, auf diesen Kanal zu gehen. Ich war da nicht so bewandert und dachte, dass es nichts für mich ist. Ich möchte antiquarisch hochwertige Bücher anbieten, hochwertige Literatur bekannt machen.
Und jetzt haben Sie mehr als hunderttausend Follower?
Klaus Willbrand: Vielleicht hätte ich gleich zusagen sollen, denn jetzt gibt uns der Erfolg Recht, aber, wie gesagt, war ich anfangs skeptisch.
Daria Razumovych: Vielleicht war es vor vier Monaten auch der richtige Zeitpunkt. Jedenfalls funktioniert es jetzt gut.
Wer schaut Ihren Kanal?
Klaus Willbrand: Wir haben viele Interessenten, mit denen ich vorher nie Kontakt hatte. Das sehe ich an den Zuschriften und auch an den Käufern, die zu uns kommen. Es gibt darunter Jung und Alt. Viele haben sich vorher nie richtig mit Literatur beschäftigt, andere sind gut bewandert. Wir haben eine völlig neue Kundschaft erschlossen, die hier im Geschäft gern hochwertige Bücher kauft.“
Welches Feedback bekommen Sie für Ihren Auftritt?
Klaus Willbrand: Wir lesen vorwiegend positive Kommentare. Es gibt ein Interesse, sich tiefgreifend mit Büchern zu beschäftigen. Junge Leute fühlten sich von meinem Laden bisher nicht angesprochen, doch über Social Media lernen sie, dass Literatur eine große Bereicherung im Leben sein kann. Gerade heute kam ein junger Mann vorbei und bedankte sich für die Beiträge. Das ist doch wunderbar.
Warum noch ein Geschäft und nicht nur ein Internetauftritt?
Klaus Willbrand: Leider sind viele Antiquariate in Köln verschwunden. Doch wir sind ein wichtiger Teil der Kultur in unserer Stadt. Wir bieten kostbare Bücher, hochwertige Literatur wie Thomas Mann oder Goethe, aber auch Schullektüre.
In diesem Moment klingelt es. Herein kommen ein junges Mädchen und ihre Mutter. Sie fragen nach „Götz von Berlichingen“. „Dahinten, vielleicht sind die Bücher nicht ganz nach dem Alphabet geordnet“, erwidert Klaus Willbrand. Daria Razumovych findet es und der kleine Reclam-Band geht für wenig Geld in die Hände einer jungen Leserin über.
Was hat sich seit diesen vier Monaten für Sie verändert?
Klaus Willbrand: Früher waren manche Wochen sehr ruhig. Jetzt vergeht kein Tag, an dem nicht zwei, drei Leute vorbeikommen wegen unseres Auftritts. Sie wollen das Geschäft sehen und die Auswahl der Bücher. Sie lernen, dass Literatur ein wichtiger Faktor im Leben sein, guttun kann. Wenn wir ein Buch im Film vorstellen, können wir zu 80 Prozent sagen, … Klaus Willbrand schaut Daria Razumovych an und sie nickt zustimmend, … dieses Buch kann ich dann im Geschäft verkaufen.
Daria, was haben Sie durch diese Zusammenarbeit gelernt?
Daria Razumovych: In dieser Zeit habe ich zusätzlich viel über Social Media gelernt, darüber, was gut funktioniert und was nicht. Inzwischen haben wir viele Fragen zur Literatur aufgegriffen und Klaus Willbrands Antworten vorgestellt. Er hat ein so großes Wissen und Erfahrung aus seiner Arbeit. Ich würde mir wünschen, dass ich all das Material, was wir bereits hochgeladen haben, noch besser strukturieren könnte. Das wäre für die Nutzer gut.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Klaus Willbrand: Es wäre mir recht, wenn das Antiquariat vor Ort so bestehen bleiben könnte. Antiquariate und Buchhandlungen sind ein wichtiger Teil der Kultur in Köln. Bücher muss man sich anschauen, in die Hand nehmen. Dann sehen die Leser erst, wie hochwertig sie sind, vom Inhalt her, aber auch von der Beschaffenheit.
Daria Razumovych: Es ist schön, dass die Leute hier vorbeikommen können, sich die Bücher anschauen und mit Klaus Willbrand sprechen können. Dafür machen wir beide weiter.
Klaus Willbrand: Solange es meine Gesundheit zulässt.
Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg!
Tiktok Antiquariat Wilkbrand
Instagram Antiquariat Wilkbrand
08.2024 // Redaktion und Fotos Hanka Mewes-Fricke