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Erfolgreiche Unternehmer*innen aus dem Veedel: Die Stukas – kreative Gastro-Visionäre im Wandel der Zeit
Sülz und Klettenberg ist seit 30 Jahren die private und berufliche Homebase der Gastro-Familie Stuka. Genauso wie Raimund Stuka und Nicole Lutmann in den 90er Jahren mit viel Power, Kreativität und Modernität das ABS zu einer erfolgreichen Restaurant-Bar-Club Kombination etabliert haben, scheint sich nun die Geschichte zu wiederholen. Seit der Eröffnung vom Deli Sülz auf der Berrenrather Straße, startet Sohn Dylan Stuka mit dem gleichen Enthusiasmus durch, wie einst seine Eltern.
Raimund, 1991 haben sie gemeinsam mit ihrer Frau Nicole das ABS auf dem Gottesweg übernommen und 30 Jahre lang erfolgreich geführt. Bitte gewähren Sie uns einen kleinen Einblick in Ihre Anfangsjahre.
Raimund: Das ABS war Anfang der 90er einer der ersten Szeneläden im Veedel. Er sollte modern sein und wir legten bereits damals sehr viel Wert auf das Styling. Teilweise haben Künstler*innen die Gestaltung der Räumlichkeiten nach unseren Grundideen umgesetzt.
Nicole hat den Laden mit ihren drei Freundinnen geschmissen und ich habe dazu mit Kassetten und Kassettenrekorder die Musik aufgelegt. Das war richtig toll!
Zu Beginn waren wir grungy und haben Bands wie Nirvana gespielt. In den 2000ern wurden wir mit Elektromusik etwas cooler und sind dann später mit Karneval durchgestartet.
Dylan, 1995 sind Sie geboren. Welche Bilder, Erlebnisse und Emotionen verbinden sie mit dem ABS Ihrer Kindheit?
Dylan: Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich mit meinem Freund die leeren Thekenportemonnaies nach restlichen Pfennigen durchsucht habe. Sobald wir ein paar Mark zusammen hatten, haben wir uns von dem Geld riesige Tüten Süßes gekauft.
Raimund: Unsere Söhne waren immer dabei. Eine Erinnerung von mir ist, dass sie als Kinder die kleinen leeren Pittermännchen nach draußen rollen und aufstellen durften.
Dylan, wann haben Sie ihre ersten gastronomischen Erfahrungen gesammelt?
Dylan: Als Jugendlicher habe ich im Catering vom ABS gejobbt und am Wochenende oft die Thekenschichten übernommen.
Entwickelte sich bei Ihnen zu dieser Zeit auch die Idee, genau wie ihre Eltern in der Gastronomie durchzustarten?
Dylan: Nein. Ich habe 2015 angefangen VWL zu studieren und mich insbesondere für Marketing interessiert. Dass es für mich letztendlich in die Gastro ging, hat sich mehr aus der Situation ergeben und dabei war Corona sicher ausschlaggebend.
Zu Beginn der Pandemie hatte ich zwischen meinem Bachelor und meinem Master Zeit und wollte diese nutzen, um meine Eltern in dieser schwierigen Situation im ABS proaktiv zu unterstützen. Man durfte ja nicht mehr „inhouse“ verkaufen. Und da habe ich gemeinsam mit dem damaligen Betriebsleiter Niko die Tische nach vorne geholt und von dort „to go“ verkauft. Das Ganze haben wir „Veedelsküche“ genannt.
Raimund: Das war super. Das haben die beiden sich komplett alleine ausgedacht und auf eine sehr schöne Art und Weise umgesetzt.
Dann haben sie gemeinsam im Jahr 2020 das Deli Sülz auf der Berrenrather Straße eröffnet.
Dylan: Ja, mein Vater ist ein Visionär und dachte sich: Die Ecke ist super! Aber so ein ganz neues Projekt wollten meine Eltern auch nicht mehr umsetzen. Ich war da ja noch im Studium, aber dachte mir gleichzeitig: Komm, das machen wir, da bin ich dabei!
Raimund, Sie haben das Konzept vom Ganztags-Deli im New Yorker Gastro-Style entwickelt und Dylan hat es als Geschäftsführer zusammen mit Andreas Bartosinski, Jan Hülsen und Charlotte Fischer umgesetzt. Kann man ab diesem Zeitpunkt von einem Generationenwechsel in der Gastro-Familie Stuka sprechen?
Raimund: Ja, auf jeden Fall! Ich hatte mir eigentlich über den Deli noch ein Büro eingerichtet. Aber dann kamen die vier mit ihrer eigenen Energie und ihrer eigenen Wucht. Mit Spirit, Einsatz und Schwung hat uns der Dylan mit seiner „Gang“ komplett überzeugt.
Dylan, wer sind denn die drei Geschäftsführer*innen, die Ihr Vater mit einem Augenzwinkern als „Dylans Gang“ bezeichnet?
Dylan: Charlotte Fischer hat viel Gastroerfahrung und sich damals beim Deli für die Betriebsleitung beworben. Sie ist gastronomisch sehr gut, kann sehr gut den Service, kann super organisieren und schreibt auch die Dienstpläne.
Jan Hülsen hat bei meinen Eltern eine Ausbildung gemacht und dort neun Jahre gearbeitet. Er macht unsere komplette Buchhaltung und hat eine hohe Expertise bei der Planung und dem Aufbau von Großevents.
Andreas Bartosinski kenne ich seit der Schulzeit. Er hat zwölf Jahre beim 1. FC Köln in der Jugend gespielt und Ingenieurwesen studiert. Er hatte von uns allen die wenigste Gastroerfahrung, sich aber in kürzester Zeit in alles reingefuchst. Er ist ein Arbeitstier und sehr diszipliniert, was auch von seiner fußballerischen Karriere kommt.
Unsere Kompetenzen im Team sind sehr unterschiedlich und ergänzen sich dementsprechend gut. Charlotte und ich sind eher die Kreativköpfe und Andreas und Jan die strukturierten.
(Anmerkung der Redaktion: Andreas Bartosinski, der während unseres Interviews im Deli an einem nahegelegenen Tisch am Laptop arbeitet, gesellt sich zu uns)
Andreas: Dylan kann sich natürlich nicht selber beschreiben, deswegen würde ich das gerne für ihn übernehmen.
Dylan kann sich gut für Dinge begeistern. Er ist ein super Networker, ein sehr guter Verkäufer, spürt immer wieder neue Trends auf und ist einfach ein sehr sympathischer Mensch.
Er ist ein Visionär, ein kreativer Kopf. Manchmal kommt Dylan mit Ideen um die Ecke, wo du denkst: Wie um alles in der Welt kommst Du darauf? Und dann gelangen wir an den Punk über Dinge nachzudenken, die es bisher noch gar nicht gibt! Das ist ein besonderes Talent von Dylan und ich glaube das hat er von seinem Vater.
Vier GeschäftsführerInnen, das ist sicher manchmal auch herausfordernd?!
Dylan: Das Kollektiv aus vier Leuten und vier Entscheider*innen ist etwas Besonderes.
Es ist kompliziert so etwas zum Funktionieren zu bringen, aber ich wäre nie an dem Punkt an dem ich jetzt bin, wenn wir das nicht zusammen gemacht hätten. Wir teilen die Erfolge aber auch die Last und haben schon oft gesagt: Es ist nicht wichtig was du machst, sondern mit wem du es machst!
Andreas: Wir sind vier Personen die Entscheidungen treffen. Dabei ist es wichtig, dass man auch immer eine hohe Sympathie für die Meinung des jeweiligen Gegenübers hat. Wir diskutieren und entscheiden uns letztendlich für das sinnvollste Ergebnis. Wichtig ist auch, dass wir alle in der Lage sind, die Aufgaben der anderen drei Geschäftsführer*innen zu einem gewissen Teil mit zu gestalten.
Das Deli Sülz ist inzwischen so viel mehr als nur ein Ganztags-Deli. Ich denke da an den im Laden integrierten Shop, an das Catering oder die externe Produktionsküche. Und gerade im letzen Jahr haben Sie als Team viele besondere Ideen und Projekte umgesetzt. Nennen Sie uns doch mal ein paar Beispiele.
Dylan: Wir haben letzten Oktober das ehemalige ABS hochwertig renoviert und darin das Stukmans eröffnet. Es ist wie damals eine Kombination aus Food, Bar und Club. Das ehemalige ABS erschien uns allerdings inzwischen etwas altmodisch und jetzt ist es als Stukmans ein Laden, der bei unserer alten ABS-Kundschaft gut ankommt, aber auch einem jüngeren Publikum gefällt.
Im Dezember konnten wir einen Veedelsweihnachtsmarkt organisieren, den es in Sülz und Klettenberg seit 30 Jahren nicht mehr gegeben hat.
Ein anderes Beispiel ist unser Pop-up Monday. Wir hatten die Idee jeden Montag im Deli einen Flohmarkt zu gestalten und parallel im Außenbereich Aperol anzubieten. Das hat sich dann so hoch geschaukelt, dass wir montags regelmäßig 800 Gläser Aperol verkauft haben!
Und von den 800 Aperol am Tag war es dann scheinbar auch nicht mehr weit, bis zur eigenen Aperol Spritzeria.
Dylan: Das stimmt. Ich bin mit Campari in Kontakt gekommen, weil ich eigentlich nur Merchandising für unseren Pop-up Monday haben wollte und dann wurde einiges mehr daraus.
Wir haben den kleinen Laden neben dem Stukmans, der eigentlich als Bistro gedacht war, in eine Spritzeria verwandelt. Eine Aperol Spritzeria gibt es ansonsten nur noch einmal im Deutschland und wir freuen uns sehr über das Vertrauen von Campari.
Wenn man sich überlegt, wie viele Projekte sie inzwischen rund um das Delis verwirklicht haben, wirken diese Räumlichkeiten, in denen wir gerade sitzen, fast wie eine Art Zentrale, von der aus alles gemanaget wird.
Andreas: Ja, genau. Das Deli ist im Prinzip unser Flaggschiff, unser Headquarter. Hier ist am meisten Leben drin und den ganzen Tag geöffnet. Es ist manchmal wie eine Sitcom. Viele Mitarbeiter kommen im Laufe des Tages rein, alle verstehen sich, es ist eine gute Stimmung.
Auch wenn viele Sülzer- und Klettenberger*innen mit dem ehemaligen ABS eher nostalgische Gefühle verbinden, war es in den 90er Jahren ein sehr moderner gastronomischer Betrieb. Das Deli Sülz, bringt aktuell einen frischen New Yorker Gastro Vibe in unser Veedel. Und auch die alten Räumlichkeiten des ABS wurden wie bereits erwähnt, im letzten Jahr vor der Eröffnung des Stukmans hochwertig renoviert. Man könnte fast meinen, dass sich die Geschichte von damals nun mit dem jungen Stuka wiederholt.
Raimund: Absolut! Dylan geht heute mit genauso einem Entdeckergeist an die Sache, wie ich es damals getan habe. Das ist exakt dasselbe wie vor 30 Jahren, mit viel Schwung und Lust auf neues!
Dylan, was ist das Spannende an moderner Gastronomie?
Moderne Gastronomie ist sehr breit gefächert und hat eine große Spannweite. Kreativität spielt eine sehr große Rolle.
Modere Gastronomie bedeutet für mich: Kommunikation, Kreativität, Modernität und das Bewusstsein, dass man mit Menschen arbeitet und einen sozialen Raum darstellt. Gute Gastronom*innen sind meiner Meinung nach nette, kreative Leute, die gut organisiert sind!
Welche Pläne haben Sie für das Jahr 2024?
Dylan: Durch unsere enge Zusammenarbeit mit Campari ist es dazu gekommen, dass wir inzwischen einen eigenen Aperol Truck mit mobiler Bar verwalten. Mit dem werden wir dieses Jahr auf Festivals fahren. Das ist ein Pilotprojekt und Campari gibt uns da gerade sehr viel Vertrauen.
Ansonsten haben wir im letzten Jahr zwei Schritte vor gemacht und machen jetzt erstmal einen Schritt zurück. Denn es ist uns wichtig, nun dafür zu sorgen, dass unsere Projekte vom letzten Jahr gut funktionieren.
Raimund: Ich muss mich nicht am Schreibtisch verwirklichen, wenn ich da nicht gebraucht werde, und meine Frau Nicole will dieses Jahr im März komplett aufhören. Wir sehen, dass die Rollen ausgefüllt werden und es ist eine wunderbare Sache, wenn man sieht, dass es weitergeht!
Wir bedanken uns für das Interview!
03.2024 // Interview: Anika Pöner; Fotos: Wenke Atkins