- LEUTE
Der Weg von Sülz nach LA führt über die Musik!
Pascal Shrady ist 1999 geboren und als Sohn amerikanischer Eltern mitten in Sülz aufgewachsen. Gesungen hat er, schon bevor er sprechen konnte. Und seine ersten Erfahrungen als Singer-Songwriter hat er in der Aula vom Schiller-Gymnasium auf der Nikolausstraße gesammelt. Wieso er inzwischen nicht mehr in Sülz, sondern in Los Angeles wohnt und was ihm sein Heimatveedel bedeutet, erzählt er uns im Interview.
Guten Morgen nach LA!
Guten Abend nach Sülz!
Deine Eltern sind Amerikaner*innen und vor 30 Jahren nach Deutschland ausgewandert. Kannst du kurz ihren Weg von Amerika nach Köln-Sülz für uns skizzieren?
Mein Vater ist in Mexiko geboren und hat für eine Weile in New Orleans und New York gelebt. Er ist in Spanien zur Grundschule und in Deutschland aufs Gymnasium gegangen, seine Mutter war Deutsche. Meine Mama ist in Iowa geboren und hat früher, genau wie mein Vater heute noch, als Schauspielerin gearbeitet. Die beiden lernten sich in einer Theaterproduktion in New York kennen. Nachdem sie nach Deutschland ausgewandert sind, haben sie zunächst in Heidelberg gelebt und sind dann nach Köln-Sülz gezogen. Ich bin 1999 in der Uniklinik Köln zur Welt gekommen.
Erzähl mir von deiner Kindheit in Sülz. Wie hast du das Veedel und seine Veedelsbewohner*innen in den Nullerjahren wahrgenommen? Gab es Orte, an denen du dich besonders gern aufgehalten hast?
Ich habe die Menschen in Sülz-Klettenberg immer als sehr weltoffen und kinderfreundlich wahrgenommen. Als Kind war ich viel im Beethovenpark, wir haben dort direkt um die Ecke gewohnt. Ich erinnere mich daran, dass wir oft in der Sülzburgstraße einkaufen gegangen sind, das ist ja sozusagen auch heute noch „Downtown Sülz“. Meine Lieblingseisdiele war das Eiscafé Christina an der Zülpicher Straße, aber das gibt es inzwischen leider nicht mehr.
Mit zwölf Jahren hast du angefangen, deine eigenen Songs zu schreiben. Aber bereits lange davor konntest du dich für Musik begeistern. Erzähl uns davon.
Ja, meine Eltern haben mir erzählt, dass ich bereits gesungen habe, noch bevor ich richtig sprechen konnte. (lacht) Mein Vater spielt, seit ich denken kann, Gitarre, und wir haben gemeinsam dazu gesungen. Während eines Hortfestes in meiner Grundschule hatte ich meinen ersten Auftritt. Wir haben zusammen den Song Mexican Wine von der Gruppe Fountains of Wayne performt. Mit sechs Jahren fing ich an, Schlagzeug zu spielen. Da mir beim Schlagzeug aber die Melodie gefehlt hat, kam mit acht Jahren das Klavier hinzu.
Hattest du noch mehr Auftritte im Veedel?
Ja, zum Beispiel auf dem Sülzer Stadtfest. Ich erinnere mich daran, dass ich einmal direkt vor AnnenMayKantereit auftreten durfte und danach sogar noch mit ihnen reden konnte.
Du bist in Sülz auf das Schiller-Gymnasium gegangen und hast dort dein Abitur gemacht. Inwiefern hat dich deine Schulzeit geprägt?
Besonders wichtig und prägend war für mich die Musikszene vom Schiller-Gymnasium. Ich hatte dort die Möglichkeit, bei der jährliche, kulturellen Schulveranstaltung „Schiller Musiziert“ aufzutreten. Mal mit Band und mal allein am Klavier. Dort konnte ich meine ersten wichtigen Performance-Erfahrungen sammeln. Ich weiß noch, dass die Schulleiterin nach einem Auftritt auf mich zugekommen ist und gesagt hat: „Ich wusste gar nicht, dass wir so einen Rohdiamanten haben!“
Wie schon erwähnt, hast du mit zwölf Jahren deinen ersten eigenen Song geschrieben. Das war sicher ein besonderer Moment für dich.
Ja, das war auf einer Ski-Klassenfahrt vom Schiller-Gymnasium. Ich erinnere mich daran, dass alle Schüler*innen in mein Zimmer gekommen sind und ich ihnen meinen ersten Song direkt vorsingen konnte!
Du sagst, dir war recht früh klar, dass du beruflich als Singer-Songwriter durchstarten möchtest. Gab es in deiner Kindheit noch andere Berufswünsche?
Als ich noch ganz klein war, hatte ich die Idee, Zirkusdirektor zu werden. Wie es aussieht, wollte ich schon immer Performer sein. Damals als Zirkusdirektor und heute als Sänger! (Pascal grinst)
Nach deinem Abitur auf dem Schiller-Gymnasium bist du einen großen Schritt gegangen: Vom Sülzer Veedel in die USA! Wie kam es dazu?
Ich hatte den Wunsch, an einen Ort zu gehen, an dem ich eine richtig gute musikalische Ausbildung erhalte. Deshalb entschied ich mich für das Berklee College of Music in Boston. Dort sind schon berühmte Musiker*innen wie John Mayer, Charlie Puth und Meghan Trainor unterrichtet worden.
Darüber hinaus hatte ich schon immer den Traum, eines Tages in Amerika zu leben. In meiner Kindheit sind wir oft nach Kalifornien und New York gereist, um unsere dort lebenden Angehörigen zu besuchen. Die Zeit in Boston war sehr intensiv und lehrreich, eben noch einmal ein ganz anderer Input als am Schiller-Gymnasium.
Hattest du manchmal Heimweh nach Sülz?
In der ersten Zeit habe ich mein altes Viertel in Köln vermisst, vor allen Dingen die Familie und meine Freunde.
Nach deinem Jahr in Boston hast du einen Stipendienplatz auf dem Los Angeles College of Music erhalten. Der Standort LA und der Start in eine Musikerkarriere scheint gut zusammenzupassen!
Ja, das stimmt, aber man kann hier auch verlieren! Hier leben sehr viele Menschen, die eine Musikkarriere beginnen möchten. Dennoch habe ich das Gefühl, hier an der richtigen Adresse zu sein. In LA kann man viele kreative Menschen kennenlernen. Beinahe jeder Mensch, der einem begegnet, schauspielert, modelt oder singt.
Was fällt dir spontan dazu ein, wenn ich dich frage, was der größte Unterschied zwischen LA und Köln-Sülz ist?
Der größte Unterschied ist, dass man in Köln-Sülz überallhin laufen kann. In LA fährt man überallhin, zu Fuß gehen ist hier nicht so angesagt und auch praktisch unmöglich. Aber der Sülzer Lifestyle steckt immer noch in mir drin. und deshalb laufe ich wenigstens manchmal in meiner Nachbarschaft herum. Man kann den Kölner aus Köln herausnehmen, aber nicht das Kölsche aus dem Kölner!
Wie bist du es neben dem Studium angegangen, dich in LA als Singer-Songwriter zu etablieren?
Einer meiner College-Freunde ist gleichzeitig mein Producer. Wir haben auch schon gemeinsam Songs geschrieben. Zusammen mit meinen Freunden habe ich außerdem schon einige Musikvideos gedreht. Auch in Clubs trete ich auf, aber es ist am Anfang ganz schön hart, wenn man 30 Tickets verkaufen muss, aber keine 30 Leute hat, die Tickets kaufen wollen.
Was bedeutet es dir, auf einer Bühne vor Publikum zu performen?
Sehr viel, ich bekomme auf der Bühne immer einen Adrenalinrausch, einen Rush! Aber ich habe immer schon gern performt, und der Rush ist gleich geblieben, egal, ob in der Aula vom Schiller-Gymnasium oder hier in einem Club in LA, das macht kaum einen Unterschied.
Wieso möchtest du gerade in LA als Musiker Fuß fassen?
Ich singe auf Englisch, und hier ist das Zentrum der englischsprachigen Musikindustrie. Hier trifft man viele Singer-Songwriter. Ich möchte als Künstler arbeiten, aber ich möchte auch für andere Künstler*innen Songs schreiben. Viele große Stars haben auch so angefangen, dass sie zunächst für andere Menschen Songs geschrieben haben. Hier trifft man diese Leute, zum Beispiel auf Events.
Apropos Events. Ist LA wirklich so glamourös, wie es uns die meisten Hollywoodfilme suggerieren?
Nein, es ist nicht alles Glanz und Glamour, wie es in den Filmen oft scheint. In LA gibt es viel Müll und viel Schmutz. Wenn man in den Filmen die Kamera schwenken würde, könnte man auch die dreckigen Straßen und vielen Obdachlosen sehen. Jeder muss hier hart kämpfen, um erfolgreich zu sein, und ich hoffe, dass ich Erfolg haben werde.
Inwiefern unterscheidet sich deine aktuelle Musik von den Liedern und Texten, die du als Zwölfjähriger geschrieben und gesungen hast?
Ich habe inzwischen von großen Songwritern gelernt, die unter anderem für Whitney Houston, Britney Spears und Lady Gaga Lieder geschrieben haben. Die Songs, die ich mit zwölf geschrieben habe, waren sicher etwas chaotischer. Ich mache heute Musik, die Menschen aufmuntert und die Menschen dazu inspiriert, glücklich zu sein. Ich singe Synthesizer-Songs und Balladen. Der Output ist dabei aber immer positiv!
Hat LA dich als Person verändert?
Ich würde sagen, ich verstehe mich immer noch als Europäer. Gerade wenn es um politische Fragen geht, bin ich eher von Europa geprägt und von meinem Aufwachsen in Köln, wobei Kalifornien und LA auch sehr progressiv und fortschrittlich sind. Das Schöne daran, multikulturell aufzuwachsen, ist, dass man ganz verschiedene Seiten kennenlernt und erlebt. Es gibt Dinge, die mag ich sehr an den USA, und es gibt Dinge, die mag ich sehr an Deutschland.
Bist du ab und zu noch in Sülz?
Ja, ich komme zweimal im Jahr, an Weihnachten und im Sommer. Es ist dann immer ein schönes Gefühl, wieder zu Hause zu sein, durch die Nachbarschaft zu laufen und meine Freunde zu treffen. Wenn ich nach Sülz komme, fällt mir immer wieder auf, wie riesengroß LA ist!
Hast du das Gefühl, dass sich das Viertel über die Jahre verändert hat?
Ja, ich habe das Gefühl, in Sülz ist alles etwas teurer geworden. In meiner Kindheit war Sülz noch eher ein Arbeiterviertel, jetzt ist alles ein bisschen mehr High End!
Möchtest du irgendwann nach Deutschland zurückkehren?
Irgendwann auf jeden Fall, aber aktuell möchte ich hier weiter an meiner Karriere arbeiten und meine Fanbase ausbauen.
Was steht in diesem Jahr noch bei dir an?
Ich will mein Studium beenden, ein paar Songs rausbringen und noch mehr Songs für andere Künstler*innen schreiben.
Dabei wünsche ich dir viel Erfolg und bedanke mich für das Interview!
Für alle, die mehr über Pascal Shrady wissen oder seinen aktuellen Song „Smoke Alarm“ streamen möchten, sind folgende Links interessant:
Aktueller Song „Smoke Alarm“ auf allen gängigen Portalen
Pascale Shrady auf Intagram
Pascal Shrady auf YouTube
Pascal Shrady auf facebook
04.2024 // Interview: Anika Pöhner, Fotos: Pascal Shrady privat, Anika Pöhner