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Jamileh Mehdi Araghi: Pinkfarbener Vollmondtanz im Schneewehen
Die freischaffende Kölner Künstlerin Jamileh Mehdi Araghi verarbeitet in ihren Werken Themen wie Flucht, Spiritualität sowie die Einheit zwischen Mensch und Natur.
„Ich male, also bin ich“, sagt Jamileh Mehdi Araghi. Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Doch Blicke hinter die Konturen der gebürtigen Iranerin sind nicht nur in Bezug auf ihr künstlerisches Werk bereichernd. Die Lebenserfahrungen einer Frau zwischen Flucht, Zuflucht und Sehnsucht nach Grenzenlosigkeit erzählen Geschichten über das tragische Element im Manuskript der Menschheit, die im wahrsten Sinne des Wortes zur Leidenschaft verurteilt ist. „1986 musste ich meine Heimat aufgrund der dortigen politischen Verhältnisse verlassen. Ich wurde verfolgt. Das war ein Trauma“, berichtet Mehdi Araghi. Über die Türkei gelangte die junge Frau in die damalige DDR und von da nach Westdeutschland ins Ruhrgebiet. Seit 2008 lebt sie in Köln. Ihre künstlerische Ausbildung an der Universität von Teheran sollte der Migrantin im Ausland nicht anerkannt werden. Sie schlug sich mit Gelegenheitsjobs durch. „Ich habe alles gemacht. Von Arbeiten im Supermarkt oder auf Weihnachtsmärkten bis hin zu Beschäftigungen in Eisdielen und Kneipen. Ich habe damals nicht gejammert und war für alle Chancen, die mir ermöglicht wurden, dankbar, aber ich wollte immer zur Kunst zurück“, erzählt die Bayenthalerin. Schließlich nahm sie ihr Studium in Münster und Köln wieder auf. Themen wie Spiritualität, Identität und Natur charakterisierten ihre Werke. Nach dem Hochschulabschluss in den Fächern Kunst und Philosophie etablierte sich die Akademikerin mit Ausstellungen in Deutschland, Italien und den USA. „Ich trage dennoch meine Wurzeln in mir. Ich lebe mit Versen und Gedichten von vielen alten Dichtern aus Persien“, verweist die im Klettenberger Atelier arbeitende Malerin, Zeichnerin und Skulpteurin auf den poetischen Gehalt ihrer Kreationen. Darin vereinen sich Naturalismus, Impressionismus sowie abstrakte Form-Kompositionen.
„Malerei ist meine Sprache.“ Jamileh Mehdi Araghi
Aktuell widmet sich die Künstlerin einer Serie aus Mixed-Media-Schöpfungen. Dabei kombiniert sie alte Familienfotografien mit Öl- oder Acrylmalereien. Auch der Kohlestift kommt zum Einsatz. Neben den Figuren halten Gebäuderuinen Einzug auf die Leinwände, die zur Reflexion über die Vergänglichkeit der Dinge auffordern. Das Endliche ist dennoch kein unumstößliches Prinzip: „Ich denke, Künstler werden nie fertig mit der Arbeit. Mich interessiert die Ästhetik der Welt und ihre Gegensätzlichkeiten. Dazu gehört auch die Politik. Sich unpolitisch zu begreifen wäre ein Irrtum. Das geht gar nicht, denn wann immer wir eine Entscheidung treffen, wählen wir zwischen verschiedenen Optionen. Wir befinden uns im permanenten Kampf mit dem Ich, aber auch gegen andere. Die Malerei ist dabei meine Sprache, um die Hoffnung auf ein friedliches Miteinander auszudrücken. Ohne diese Zuversicht könnten wir nicht überleben“, glaubt Jamileh Mehdi Araghi und gibt den Blick auf neu entstandene Werke mit Titeln wie „Vollmond“, „Schneeflocken“, „Kiki“, „Maman“, „Hinterhof“ oder „Tanz in Pink“ frei.
04.2024 // Redakteur: Thomas Dahl, Fotos: Sonja Hoffmann
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