Der ver­ges­sene Schutz­raum von Köln: Ein Relikt des Kalten Krieges

Ganz unscheinbar unter einer Schule in Lin­den­thal ver­birgt sich eine Zeit­kapsel des Kalten Krieges, ein Ort, der einst für den schlimmsten aller Fälle gedacht war: der Zivil­schutz­bunker auf der Ber­ren­ra­ther Straße 488. Wäh­rend sich über ihm das all­täg­liche Leben abspielte, sollte dieser Bunker im Falle einer nuklearen Kata­strophe zum Herz­stück der Kölner Stadt­ver­wal­tung werden. Heute, mehr als 30 Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges, stellt sich die Frage, ob dieser ver­ges­sene Schutz­raum nicht mehr ist als ein Relikt – oder ein Mahnmal, das es zu bewahren gilt. Wir von INsülz & klet­ten­berg haben uns den „Lost Place“ aus den Zeiten des kalten Krieges ange­sehen zum Tag des offenen Denk­mals ange­sehen.

Eine Kom­man­do­zen­trale im Unter­grund

Nach einem Beschluss im Jahre 1964 der Kölner Stadt­ver­wal­tung wurde der 1970/71 fer­tig­ge­stellt und umfasst 33 Räume, die ursprüng­lich als Aus­weichsitz für die Stadt­ver­wal­tung, den Ober­bür­ger­meister sowie dem Ober­stadt­di­rektor dienen sollten. Mit 60 Zen­ti­meter dickem Stahl­beton und Stahl­türen gesi­chert, bot er Platz für bis zu 100 bis 133 städ­ti­sche Ver­wal­tungs­be­amte. Die Pla­nung sah vor, dass von hier aus die Ver­wal­tung der Stadt Köln im Falle eines Atom‑, Bio- oder Che­mie­waf­fen­an­griffs wei­ter­ge­führt werden konnte.

Bei unserer Füh­rung am „Tag des Denk­mals“ durften wir erfahren, was den Ort so beson­ders macht: Es ist der nahezu unver­än­derte Zustand der Räum­lich­keiten. Schreib- und Funk­ti­sche, Tele­fone mit Wähl­scheiben und alte Loch­streifen-Fern­schreiber sind noch immer an ihrem Platz. Es wurde sogar eine eigens für Köln kon­zi­pierte drei­far­bige Tele­fon­an­lage instal­liert. Selbst die Inven­tar­listen der ein­zelnen Räume hängen ver­gilbt an den Wänden, als hätte man sie eben erst dort befes­tigt. Dieser Bunker ist ein sel­tenes Bei­spiel dafür, wie die Bedro­hung des Kalten Krieges in greif­bare Maß­nahmen umge­setzt wurde und ver­mit­telt einen authen­ti­schen Ein­druck davon, wie man sich auf das Undenk­bare vor­be­reitet hatte.

Ver­gessen und wie­der­ent­deckt

Nachdem der Kalte Krieg endete, geriet auch der Bunker in Ver­ges­sen­heit. Rund 15 Jahre lang wurde er nicht betreten, bis er um 2010 im Zuge von Pla­nungen für eine bau­liche Erwei­te­rung der Gesamt­schule Lin­den­thal wie­der­ent­deckt wurde.
„Seit dieser Wie­der­ent­de­ckung setzt sich der Verein „Doku­men­ta­ti­ons­stätte Kalter Krieg“ dafür ein, den Bunker zu erhalten und der Öffent­lich­keit zugäng­lich zu machen“, erzählt Robert Schwi­en­ba­cher, Leiter des Ver­eins DOKK. Der Verein hofft, dass der Bunker unter Denk­mal­schutz gestellt wird, bevor die Gesamt­schule Lin­den­thal abge­rissen und das Grund­stück an einen pri­vaten Investor ver­äu­ßert wird.

Ein Zeugnis der Geschichte

Dieser Bunker unter­halb der Ber­ren­ra­ther Straße 488 ist mehr als nur ein Relikt des Kalten Krieges. Er ist ein Mahnmal für eine Zeit, in der die Gefahr eines Atom­kriegs all­ge­gen­wärtig war. Hier wird auf ein­drucks­volle Weise sichtbar, wie real diese Bedro­hung war und wie ernst man sie nahm. Die ori­ginal erhal­tene Ein­rich­tung, die impro­vi­sierten Funk­ti­ons­be­reiche und das aus­ge­klü­gelte Kom­mu­ni­ka­ti­ons­system zeugen von einem his­to­ri­schen Moment, der nicht ver­gessen werden sollte.

Warum der Erhalt wichtig ist

Der Bunker ist ein ein­zig­ar­tiges Zeit­zeugnis, das uns daran erin­nert, wie fragil der Frieden ist und wie schnell sich die Welt­lage ändern kann. Er bietet die Mög­lich­keit, Geschichte hautnah zu erleben und zu ver­stehen, was es bedeutet, in einer Zeit der stän­digen Bedro­hung zu leben. „Der Erhalt dieser Anlage wäre ein wich­tiger Schritt, die Erin­ne­rung an den Kalten Krieg und seine Aus­wir­kungen auf unsere Gesell­schaft zu bewahren“, betont Schwi­en­ba­cher.

Ohne Denk­mal­schutz droht dieser Ort, end­gültig ver­loren zu gehen. Der Abriss der Gesamt­schule Lin­den­thal könnte das Schicksal des Bun­kers besie­geln. Ein pri­vater Investor wird wahr­schein­lich wenig Inter­esse an der Erhal­tung dieser Anlage haben, die einen so bedeu­tenden Teil der Kölner Stadt­ge­schichte wider­spie­gelt. Diesen Ort zu bewahren, bedeutet, die Erin­ne­rung an eine düs­tere, aber wich­tige Zeit unserer Geschichte lebendig zu halten – für uns und für zukünf­tige Gene­ra­tionen.

Der Bunker und der Schatten der Spio­nage

Im Schatten der Geschichte des Bun­kers liegt eine wenig bekannte, aber umso fas­zi­nie­ren­dere Epi­sode aus der Zeit des Kalten Krieges. Wäh­rend der Bunker darauf vor­be­reitet war, im Ernst­fall die Ver­wal­tung der Stadt zu über­nehmen, wurde direkt gegen­über in den 1970er Jahren eine sowje­ti­sche Han­dels­mis­sion errichtet. Doch diese Mis­sion war alles andere als harmlos.

In diesen unschein­baren Gebäuden, die bis heute der Rus­si­schen Föde­ra­tion gehören, waren Agenten und Agen­tinnen der Sowjet­union sta­tio­niert. Ihre Auf­gaben waren viel­fältig und beinhal­teten unter anderem das Abhören des deut­schen Geg­ners. Zudem gibt es Hin­weise darauf, dass dieser Ort eine zen­trale Rolle in der Wirt­schafts­spio­nage spielte, ins­be­son­dere im Zusam­men­hang mit west­li­cher Hoch­tech­no­logie, die für den Osten nur schwer zugäng­lich war. Die Nähe dieser Spio­na­ge­ak­ti­vi­täten zum Bunker, der selbst ein Boll­werk gegen die Bedro­hung aus dem Osten sein sollte, ver­deut­licht auf dra­ma­ti­sche Weise die Span­nung und das Miss­trauen jener Zeit.

Dieser Neben­aspekt unter­streicht die Bedeu­tung des Bun­kers als ein Zeugnis des Kalten Krieges. Er zeigt, dass die Aus­ein­an­der­set­zungen zwi­schen Ost und West nicht nur abs­trakte poli­ti­sche und mili­tä­ri­sche Manöver waren, son­dern bis in die unmit­tel­bare Nach­bar­schaft reichten. Die Bewah­rung dieses Ortes bedeutet daher auch, Geschichte sichtbar zu machen und uns daran zu erin­nern, wie tief der Kalte Krieg in das all­täg­liche Leben ein­griff.

welt.unter.koeln
09.2024 // Redak­tion: Ralf Mar­tens, Fotos: Monika Non­nen­ma­cher

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