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„Dann bin ich eben der Dirigent“
Autorin Hanka Meves las im Domforum aus ihrem historischen Roman „Die Komponistin von Köln“
Mariechen liebt Musik. Schon im Kindesalter keimt in ihr der Wunsch, ein ganzes Orchester zu bewegen. Warum auch nicht? „Nur zu“, möchte man ihr mit auf den Weg geben. „Du schaffst das!“ Doch am Ende des 19. Jahrhunderts, in dem das Mädchen aufwächst, ist dieser Wunsch alles andere als gesellschaftskonform. Dirigentinnen sind in den Konzerthäusern nicht nur kein Thema, sondern explizit ausgeschlossen. Aber Mariechen trotzt der Zeit.
Über das Leben und Wirken von Maria Herz (1878–1950) hat Hanka Meves einen historischen Roman verfasst, aus dem sie im vollbesetzten Domforum las. In einer der Schlüsselszenen aus „Die Komponistin von Köln“ lässt die Sülzer Autorin ihre Protagonistin auf die Absage ihrer Wünsche folgendes entgegnen:
„… Dann bin ich eben der Dirigent. Ihr werdet schon sehen.“
Im Rahmen der Reihe „Jüdische Persönlichkeiten in Deutschland“ erinnerte Meves auf Einladung des Katholischen Bildungswerks sowie der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit an eine leidenschaftliche und selbstbewusste Künstlerin, die sich von patriarchalischen Strukturen nicht beirren ließ. Unterstützung erhielt die Schriftstellerin von Aude St-Pierre am Flügel, der Violinistin Franka Larichelière-Banken und der Sängerin Stella Louise Göke, die Werke der Komponistin darboten.
Klangspektrum zwischen Ausgelassenheit und Melancholie
In einer Mischung aus Dokumentation, Erzählung und Konzert spiegelte das Bühnenquartett die Lebensgeschichte der rheinischen Kaufmannstochter wider, deren musikalisches Talent früh erkannt und durch eine Ausbildung gefördert wurde. Erste Erfolge feierte die Künstlerin jedoch erst in ihrer Wahlheimat England nach der Heirat mit Albert Herz. Regelmäßige Konzertauftritte in der Grafschaft Yorkshire verhalfen der jungen Frau zu vermehrter Aufmerksamkeit.
Während eines Familientreffens im Deutschen Reich brach am 1. August 1914 der Erste Weltkrieg aus und verhinderte ihre Rückkehr nach Großbritannien. Nach dem Tod Alberts im Jahr 1920 fokussierte sich die vierfache Mutter auf ihre künstlerische Arbeit und schuf Lieder, Klavierwerke sowie Kammermusik. Rund 30 Werke umfasst ihr Œuvre.
Als nach der nationalsozialistischen Machtergreifung Auftrittsverbote im Reich erlassen wurden, zog es Herz zurück nach England. Nach dem Zweiten Weltkrieg emigrierte sie in die Vereinigten Staaten von Amerika, wo sie 1950 in New York starb.
Neben vielen biografischen Details offenbarten die musikalischen Darbietungen im Domforum ein romantisch gefärbtes Klangspektrum zwischen Ausgelassenheit und Melancholie.
Buchdaten:
„Die Komponistin von Köln“, historischer Roman, Hanka Meves, erschienen im Emons Verlag, 2024, ISBN 978–3‑7408–2067‑1, 288 Seiten, 14 Euro
03.2025 // Redaktion und Fotos: Thomas Dahl