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Warum „die Vogue von Sülz und Klettenberg“ eigentlich ein Findelkind ist
Seit anderthalb Jahren gibt es zusätzlich zur Printausgabe von „INsülz & klettenberg“ einen Online-Auftritt. Im Interview erzählen Chefredakteur Ralf Martens und Verleger Michael Volkmann, was dahintersteckt und wie es mit dem Stadtteilmagazin weitergeht.
Michael, dein Unternehmen „SIMPLY Communicate“ sitzt in Brühl. Wie ist der Bezug zu Sülz?
Michael Volkmann: Ich bin im Weyertal geboren, in Brühl aufgewachsen und kam dann wieder nach Sülz, als ich Wirtschaftsinformatik studiert habe. Als Student habe ich allerdings wenig zwischen den Stadtteilen differenziert, ich fand einfach Köln eine coole Stadt.
Wie bist du denn von Wirtschaftsinformatik zum Journalismus gekommen?
Michael Volkmann: Das kam durch die Zusammenarbeit mit Ralf. Mein eigentlicher Schwerpunkt war ein anderer: Während des Studiums habe ich in der Firma meines Onkels gejobbt und in vielen Kölner Kellern Telefonanlagen gebaut. Später habe ich meine eigene Firma gegründet, SIMPLY Communicate, mit der ich IT, Daten- und Kommunikationstechnik unter einem Dach angeboten habe. Über ein Netzwerk kam ich 2006 in Kontakt mit Ralf, der damals seine Agentur 2goldfisch führte. Wir haben gelegentlich zusammengearbeitet, zum Beispiel bei der Entwicklung von Logos.
Ralf, war „INsülz“ schon damals eines deiner Projekte?
Ralf Martens: Anfangs nicht. Das Magazin gibt es seit 2007, und ich habe es 2014 übernommen, als die Gründerinnen sich entschieden hatten, aus Deutschland auszuwandern. Ich hatte vorher schon das Magazin „Mein Braunsfeld“ produziert, habe mich aber schließlich auf „INsülz“ konzentriert. Ein Stadtteilmagazin funktioniert hier besser, weil es hier mehr Geschäftsleute gibt.
Was war der Auslöser dafür, dass die „INsülz“ heute euer gemeinsames Projekt ist?
Michael Volkmann: SIMPLY Communicate ist gewachsen. Daher habe ich mich mit dem Unternehmen räumlich verändert und 2015/16 einen Co-Working-Space gegründet. Im Zuge dessen brauchte ich Partner im Co-Working-Space und auch immer wieder Marketing. Dadurch hat sich zunächst der Kontakt mit Ralf intensiviert, aber irgendwann wurde es so viel, dass ich einen Grafiker einstellen musste. Als er davon erfahren hat, sagte er …
Ralf Martens: „Michael, hättest du mal mich gefragt!“
Michael Volkmann: Auf die Idee wäre ich gar nicht gekommen, weil er als Grafiker und Verleger selbstständig war. Gut, dass er das selbst angesprochen hat! Ich hatte zu dem Zeitpunkt zwar schon einen Grafiker, konnte aber gut auch noch einen weiteren gebrauchen. So kam Ralf zu SIMPLY Communicate, und „INsülz“ brachte er sozusagen als Findelkind mit, dessen Chefredakteur er weiterhin ist. Dass mich das zum Verleger macht, ist noch immer ungewohnt, gefällt mir aber durchaus. Die Medien sind als vierte Macht ein starkes Schwert.
Welches Potenzial seht ihr in einem Stadtteilmagazin für Leserinnen und Leser, aber auch für Geschäftsleute und Institutionen?
Ralf Martens: Hinter den Geschäften und Institutionen stecken Menschen, die mit Herzblut bei der Sache sind. Genau die können wir im Stadtteilmagazin sichtbar machen. Wichtig ist mir auch, dass wir die schönen Seiten des Veedels zeigen. Schlimme Nachrichten gibt es schon genug. Es gibt aber auch vieles, durch das man sich hier wohlfühlen kann – und genau das zeigt unser Magazin. Wir berichten wohlwollend – und haben in der Redaktion auch ein tolles Team, das diesen Ansatz mitträgt.
Michael Volkmann: Faszinierend finde ich, dass sofort Nachfragen kommen, wenn das Magazin mal nicht pünktlich erscheint. Das zeigt, wie stark die Sichtbarkeit ist, die wir haben, und damit auch alle, denen wir ein Forum bieten.
Ralf Martens: Elfi Scho-Antwerpes hat es einmal „die Vogue von Sülz und Klettenberg“ genannt.
Nun gibt es „die Vogue von Sülz und Klettenberg“ auch online. Eine große Umstellung?
Ralf Martens: Für mich hat sich damit ein Traum erfüllt. Ich habe mir immer gewünscht, dass wir online erscheinen würden, bin aber selbst im Print zu Hause. Mein Grafik-Kollege bei SIMPLY Communicate hat die Kenntnisse, die nötig waren, um das Magazin online aufzustellen. Da haben wir uns sehr gut ergänzt.
Michael Volkmann: (lacht) Das macht es leichter für Leserinnen und Leser, die auf ihren Wunsch hin das Magazin geschickt bekamen, weil sie aus Sülz weggezogen waren. Die gab es nämlich!
Ralf Martens: Insgesamt verbessern wir jetzt unser Angebot für alle Leserinnen und Leser, weil wir aktueller sein können. Vorher konnten wir Termine nur mit drei Monaten Vorlauf ankündigen. Kurzfristige Ergänzungen waren nicht möglich. Jetzt können wir sehr aktuell berichten und auf Veranstaltungen hinweisen. Wir nutzen auch Facebook und Instagram.
Wird es trotzdem weiterhin eine Print-Ausgabe geben?
Ralf Martens: Ja, die möchten wir fortsetzen, sie ist eine Institution im Veedel. Die Kombination von beidem ist gut, um darauf zu reagieren, dass die Welt sich weiterentwickelt.
Plant Ihr weitere Ausgaben für andere Stadtteile?
Michael Volkmann: Wir haben jetzt eine Infrastruktur, die wir auch für weitere Magazine nutzen könnten. So etwas aufzubauen, ist ein Investment. Insofern können wir uns weitere Magazine vorstellen, aber spruchreif ist diesbezüglich noch nichts.
07.2025 // Interview: Johanna Tüntsch, Redaktion: Christina Kuhn, Fotos: Sonja Hoffmann, Ralf Martens