Lohen­grin im Klet­ten­berg­park

INsülz & klet­ten­berg traf sich mit dem Vor­sit­zenden des Kölner Richard Wagner-Ver­bands, Chris­tian Stürzl-Moitz, zum Gespräch über Musik, Gemein­schaft und Moral.

Dass mit der Romantik nicht nur mär­chen­hafte Gestalten, son­dern auch ver­häng­nis­volle Bewe­gungen ein­her­gehen, offen­bart die Bio­grafie des Kom­po­nisten, Dra­ma­ti­kers, Dich­ters und Diri­genten Wil­helm Richard Wagner (1813–1883). Zu seinen Werken gehören unter anderem „Tann­häuser und der Sän­ger­krieg auf Wart­burg“,
„Lohen­grin“, „Der Ring des Nibe­lungen“, „Tristan und Isolde“ sowie „Par­sifal“, die mit dem inhalt­li­chen Mythen­gehalt ihrer Helden, umarmt von über­wäl­ti­genden Klängen, einst die Sehn­süchte nach einem über­höhten Ger­ma­nentum erbeben ließen. Dabei machte Wagner keinen Hehl aus seiner Ver­ach­tung des Juden­tums. Zu den fana­ti­schen Anhän­gern des Meis­ters gehörte einer der größten Henker des 20. Jahr­hun­derts: Adolf Hitler. Den­noch werden Richard Wag­ners Kom­po­si­tionen zu den meist beach­teten Schöp­fungen der Welt­kultur gezählt. In Köln enga­giert sich einer von rund 130 inter­na­tio­nalen Ver­bänden für die Auf­recht­erhal­tung des Erbes eines musi­ka­li­schen Genies, dessen Wirken unge­achtet der künst­le­ri­schen Leis­tungen wei­terhin kri­tisch betrachtet werden muss.

Herr Stürzl-Moitz, wie kamen Sie zur Musik Richard Wag­ners?

Ich war mit 13 oder 14 bei einem katho­li­schen Pfad­fin­der­treffen. Ein Freund gab mir seine Kas­sette. Da hörte ich zum ersten Mal den Wal­kü­ren­ritt und war elek­tri­siert. Meine Eltern haben mich zudem schon früh­zeitig mit ins Theater genommen. Ich habe monat­lich die ver­schie­densten Auf­füh­rungen gesehen, auch Bal­lett und Ope­rette. All das habe ich früh kennen- und lieben gelernt.

Sie sind seit 2017 Vor­sit­zender des Richard Wagner-Ver­bands und arbeiten haupt­be­ruf­lich als Ange­stellter im Job­center. Was hat Sie davon abge­halten, Ihre Lei­den­schaft für die Musik zum Beruf zu machen?

Die Fest­stel­lung, dass ich doch zu unta­len­tiert bin, um das pro­fes­sio­nell umzu­setzen.

Was sind die Leit­ideen des Richard Wagner-Ver­bands?

Der Ver­band geht auf eine Idee von Richard Wagner zurück. Ziel war und ist es, junge Men­schen mit der Ver­gabe von Sti­pen­dien zu för­dern und somit auch die Werke des Kom­po­nisten durch neue Musi­ker­ge­nera­tionen wei­ter­leben zu lassen. Wir ver­geben diese Sti­pen­dien aber nicht nur an Musi­ke­rinnen und Musiker, son­dern an alle Künst­le­rinnen und Künstler, die einen Bezug zum Theater oder der Oper haben. Das können auch Schau­spieler und Schau­spie­le­rinnen sein. Wir loben pro Person 700 Euro aus und ent­senden jähr­lich fünf Leute zu den Bay­reu­ther Wagner-Fest­spielen inklu­sive eines ein­wö­chigen Auf­ent­haltes. Dort treffen sie auf die Bewerber und Bewer­be­rinnen anderer Städte. Ins­ge­samt kommen rund 250 junge Leute aus dem In- und Aus­land zusammen. Zum Abschluss wird tra­di­tio­nell ein Sti­pen­dia­ten­kon­zert auf­ge­führt, bei dem die Künst­le­rinnen und Künstler ihr Können prä­sen­tieren. Wag­ners ursprüng­li­cher Gedanke war es, allen Men­schen, unab­hängig ihrer Her­kunft, zu ermög­li­chen, die Fest­spiele zu besu­chen.

Wie viele Per­sonen bewerben sich in der Regel um das Sti­pen­dium?

Zehn bis 15 Per­sonen im Jahr.

Wie finan­zieren Sie den Ver­band, um diese Leis­tungen zu erbringen?

Durch Mit­glie­der­bei­träge. Wir haben einen Min­dest­bei­trag von 35 Euro pro Jahr. Für Schüler, Schü­le­rinnen und Stu­die­rende gibt es Ermä­ßi­gungen.

Wie kam es eigent­lich dazu, dass Schau­spieler Klauss-Maria Bran­dauer (u. a. „Mephisto“, „Jen­seits von Afrika“, „James Bond: Sag nie­mals nie“) Ehren­mit­glied bei Ihnen wurde?

Bran­dauer hat damals an der Kölner Oper den „Lohen­grin“ insze­niert. Der Vor­stand beschloss dar­aufhin, ihm die Ehren­mit­glied­schaft anzu­tragen. Wir freuen uns sehr, dass er die Aus­zeich­nung ange­nommen hat, aber Herr Bran­dauer ist ein Welt­star, der nicht über die Zeit ver­fügt, sich in unsere Arbeit ein­zu­bringen.

Aus wel­chen beruf­li­chen Berei­chen kommen Ihre Ver­bands­mit­glieder?

Wir sind bunt gemischt. Bei uns sind Stu­die­rende, Ver­käu­fe­rinnen und Ver­käufer, ein ehe­ma­liger Richter, aber auch Orches­ter­mu­siker orga­ni­siert. Das ist quer­beet. Der Alters­schnitt geht von 30 bis 90 Jahren. In erster Linie ver­bindet uns aber die Liebe zur Musik.

Auf Ihrer Home­page sieht man ein Was­ser­motiv. Was hat es damit auf sich?

Das ist der Rhein und spielt auf das „Rhein­gold“ und Wag­ners ersten Teil der Oper „Der Ring des Nibe­lungen“ als flie­ßendes Thema an.

Neben seinen musi­ka­li­schen Werken, die Genera­tionen von Men­schen bewegt haben, bleibt Richard Wagner leider auch als Abbild des Anti­se­miten in Erin­ne­rung, dessen men­schen­ver­ach­tende Ansichten unter anderem im Auf­satz „Das Judenthum in der Musik“ doku­men­tiert wurde. Auf Ihrer Home­page findet man nur einen vagen, bei­nahe ver­steckten Ver­weis auf diesen Teil von Wag­ners Per­sön­lich­keit. Warum gibt es keine klare Abgren­zung?

Was Wagner in seinem Auf­satz geschrieben hat, ist wider­lich. Das lehnen wir ab. Und es gibt in keinem Wag­ner­ver­band jemanden, der zu diesen Aus­sagen applau­die­rend auf­stehen würde. Das ist unver­tretbar und ein großer Makel, der diesem Mann auf ewig anhaften wird. Dazu kommt die Anbie­de­rung der Familie Wagner an den Natio­nal­so­zia­lismus. Was Ihre Frage betrifft: Das ist kein bewusstes Abgrenzen von den Tat­sa­chen. Leider war es ja so, dass Anfang der 1950er-Jahre noch in allen gesell­schaft­li­chen Schichten Nazi­schergen saßen. Das ist zum Glück vorbei. Mitt­ler­weile haben wir auch jüdi­sche Mit­glieder im Ver­band. Wir ver­su­chen aktiv, gegen den Ras­sismus zu arbeiten. Im vorigen Jahr war bei­spiels­weise geplant, basie­rend auf dem Buch zur Wan­der­aus­stel­lung „Ver­stummte Stimmen – Die Bay­reu­ther Fest­spiele und die ‚Juden‘ 1876 bis 1945“ (von Hannes Heer, Jürgen Kes­ting und Peter Schmidt, Anm.
d. Verf.), mit einem Vor­trag plus anschlie­ßender Dis­kus­sion in der Kölner Syn­agoge auf­zu­treten. Da sind wir auf sehr offene Ohren gestoßen. Corona hat das leider ver­ei­telt. Wir hoffen, dies nun im kom­menden Jahr rea­li­sieren zu können. Auch andere Ver­bände setzen sich mit den Gescheh­nissen aus der His­torie aus­ein­ander.

Gibt es Ihrer Ansicht nach Musiker, die die musi­ka­li­sche Tra­di­tion und den dra­ma­tisch-roman­ti­schen Stil Wag­ners fort­führen?

Wagner gip­felt in Arnold Schön­berg und der soge­nannten „Zweiten Wiener Schule“ zu Beginn des 20. Jahr­hun­derts, die sich später radi­ka­leren Neue­rungen widmen sollte. Zeit­ge­nös­si­sche Kom­po­nisten sehe ich keine. Es würde meiner Ansicht auch seltsam anmuten, wenn jemand heut­zu­tage in diesem roman­ti­schen Stil kom­po­nieren würde. Aber viel­leicht gibt es irgend­wann auch hier eine Renais­sance.

Wie ist Ihr Ver­hältnis zu anderen Musik­arten, zum Bei­spiel Pop, Jazz oder gar Heavy Metal? Gerade in letz­terer Gat­tung wird Wagner für dessen roman­tische und wuch­tige Epen gehul­digt.

Sehr gut. Natür­lich ist die Klassik mein Ste­cken­pferd. Aber ich kenne auch Wacken (Heavy-Metal-Fes­tival, Anm. d. Verf.) und weiß, dass Rock- oder Hard­rock­sym­pho­nien mit großen Orches­tern sehr beliebt sind. Man kommt in der Musik an Richard Wagner kaum vorbei. Vieles beruht auf seinem Gesamt­werk, egal, ob es sich in der spä­teren Inter­pre­ta­tion um Klassik, Rock oder Film­musik han­delt.

Ange­nommen, Sie hätten die Mög­lich­keit, Ihre Lieb­lings-Wagner-Oper in Sülz oder Klet­ten­berg auf­zu­führen, an wel­chem Ort wäre dies und wel­ches Opus würden Sie wählen?

„Lohen­grin“ im Klet­ten­berg­park. Viel­leicht auf einer kleinen Bühne im dor­tigen Teich.

Herr Stürzl, wir danken Ihnen für das Inter­view.

www.rwv-koeln.de

10.2024 // Inter­view: Thomas Dahl, Fotos: Monika Non­nen­ma­cher

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